Maria mit Kind

590,-

Die „Brückenmadonna“ wurde 1990 im Auftrag des Straßenbauamtes von dem Bildhauer und Steinmetz Anton Ferstl für die erneuerte Brücke auf der Staatsstraße 2070 über die Isar nahe der Stadt Wolfratshausen auf der Flur der Gemeinde Egling geschaffen und dort auf dem Brückengeländer in der Mitte der Brücke installiert und offiziell eingeweiht.

Neben vielen Bewunderern dieser modernen Interpretation der Madonna gab es damals auch heftige Kritik von Menschen, die in dieser Darstellung eine „Strandmieze“ und eine „Dirne“ mit der „Missgeburt eines Kindes“ sahen.

Die Ablehnung dieser Marienfigur ging so weit, dass sie zunächst von Unbekannten beschmiert und dann in die Isar gestoßen und dabei beschädigt wurde. Die deutsche und internationale Presse berichtete von den damaligen Vorgängen um die „Brückenmadonna“.

Nachdem die Bronzefigur gehoben und restauriert wurde, einigte man sich darauf, dass sie einen weniger prominenten Platz bekommen sollte, um weiteren Ärger zu vermeiden,  und stellte sie  an der westlichen Seite der Brücke, nahe einer Hecke, die sie für Passanten heute fast unsichtbar macht, wieder auf.

Zusätzliche Informationen:

Gewicht:

Höhe:

 

ca. 20,5 cm, mit Sockel ca. 23

von Rolf Merten
Dipl. Betriebswirt (FH), Dipl. Psychologe, Psychotherapeut (bis 2017 Leiter der Inselhaus Kinder- und Jugendhilfe in Wolfratshausen)

Kleine Figur mit großer Wirkung

Mich haben diese Ereignisse damals fassungslos gemacht und es war mir ein Anliegen, zum 30-jährigen Jubiläum der Brückeneinweihung dieser Vorgänge zu gedenken und ein Zeichen zu setzen gegen Fanatismus, Gewalt und Intoleranz. Mit einer verkleinerten Nachbildung wollte ich auf dieses ausdrucksstarke Kunstwerk aufmerksam machen und die Leistung des zwischenzeitlich verstorbenen Künstlers Anton Ferstl würdigen. Für mich ist dieses schöne Kunstwerk mit seiner Geschichte ein Symbol für Liebe und Verbundenheit und eine zeitgemäße Mariendarstellung, die ich einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen möchte.

Mit Zustimmung der Erbin und durch das großzügige Angebot der Kunstgießerei Hofmeister kann nun die kleine Bronzeskulptur „Maria mit Kind“ zu einem fairen Preis angeboten werden. Geringe verbleibende Überschüsse aus dem Verkauf gehen an die zwei Enkelkinder des Künstlers und an den Freundeskreis der Inselhaus Kinder- und Jugendhilfe in Wolfratshausen (https://inselhaus.org/helfen/freundeskreis-inselhaus/).

Als die regionale Presse von dieser Initiative berichtete, bekam ich viele Mails mit Erinnerungen und Geschichten um die damaligen Geschehnisse sowie zahlreiche Bestellungen, nicht nur aus der unmittelbaren Umgebung, sondern aus dem gesamten In- und Ausland. Menschen setzten sich auch für eine Verlegung der Skulptur an ihren Ursprungsort ein. Auf diesem Hintergrund übernahm das zuständige Straßenbauamt Weilheim zusammen mit den Bürgermeistern der Stadt Wolfratshausen und der Gemeinde Egling die Initiative zur Rückversetzung des Originals der Bronzeplastik.

Am 4. September 2020 wurde nun die Brückenmadonna aus ihrem Exil wieder an ihren ursprünglich vorgesehenen Ort auf das Geländer in die Mitte der Brücke über die Isar zurückversetzt.

Gedanken zur Brückenmadonna „Mutter mit Kind“

Aus Liebe geboren, in Liebe geborgen gibt Maria ihrem Kind gerade so viel Halt, wie dieses es benötigt, um auf seinen eigenen noch wackeligen Beinchen zu stehen.

Jede Generation lebt in einer neuen Welt, in der sie sich einzurichten und diese zu gestalten hat. Liebe ist dabei die Brücke, die die Generationen verbindet, wie der Finger, mit dem Maria ihrem Kind zarten Halt gibt.

Aufgabe der Eltern ist es, ihren Kindern die Bindung und den Halt zu geben, die sie benötigen, um ihr eigenes Leben in ihrer Zeit zu leben, und zugleich sie Stück für Stück freizugeben, damit sie, in ihrer Zeit, ihren Weg suchen und finden können.

Wenn Gott diese Kraft der Liebe ist, dann ist Liebe die Brücke, welche die unterschiedlichen Welten in verschiedenen Zeiten verbindet. Dieser Vorstellung kann nach meiner Überzeugung auch ein nicht an einen jenseitigen Gott Glaubender, ein Atheist, zustimmen.

Die Erfahrung der Liebe fordert allen Liebenden, wie das Zeugnis vom Leben Jesu lehrt, unter Umständen das Äußerste ab. Jeder kennt es aus seiner Familie: Liebe beinhaltet unter Umständen ein großes Maß an Konfliktfähigkeit, die nicht gewalttätig wird, und Toleranz hinsichtlich der Andersartigkeit des Anderen. Noch vielmehr gilt Toleranz und Konfliktfähigkeit ohne Gewaltanwendung, wenn es nicht nur um die Nächsten in der eigenen Familie geht, sondern um die Menschheitsfamilie insgesamt.

Menschen leben ganz und gar auf dem Boden vielfältiger Traditionen, die ihnen aus der Vergangenheit übermittelt wurden und die sie ausmachen. Das gilt selbst dann, wenn sie sich gegen diese Traditionen zur Wehr setzen. Ohne Traditionen fällt der Mensch ins Unbestimmte, ins Nichts. Traditionen zu pflegen ist daher eine sinnvolle und berechtigte Erwartung an nachkommende Generationen.

Traditionen für ihre Zeit und in ihrer Zeit neu interpretieren und kreativ gestalten zu können, ist dagegen eine berechtigte Erwartung der nachfolgenden Generation an ihre Vorfahren, denn starre Traditionen fesseln an eine vergangene Zeit und stehen in der Gefahr, das Neue der neuen Zeit nicht zuzulassen.

Anton Ferstl hat für die Darstellung der Maria mit dem Jesuskind nicht die traditionelle Form gewählt, er hat sie aufgenommen und kreativ weiterentwickelt. Aus der traditionellen Madonna mit Kind wird die Brückenmadonna, eine selbstbewusste, liebende junge Frau mit ihrem Kind in der heutigen Zeit.

Ich ahne die Zumutung, die vor 30 Jahren diese moderne Madonna für einige gläubige Menschen dargestellt hat. Ich verstehe nicht die Gewalttätigkeit in der damaligen Problemlösung. Gewalt ist keine Lösung, wenn es um Liebe geht. Das lehrt, wie ich es verstehe, nicht nur Jesus im Neuen Testament. Das lehrt auch jede Erfahrung mit jungen Menschen, die in den Korsetten ihrer Vorfahren festgehalten werden.

In diesem Sinne verstehe ich diese künstlerisch so ausdrucksstarke kleine Skulptur „Maria mit Kind“, diese zeitgemäße Darstellung der Maria als eine Brücke von der Tradition in die Moderne. Eine Brücke, die durchaus kontroverse Gespräche auslösen mag, die auch dann in Toleranz und ohne Gewaltanwendung zu führen sind, wenn sie in einem Empfinden von Ohnmacht gegenüber der Andersartigkeit und Fremdheit anderer mündet. Es wäre ein Gewinn, wenn diese Maria auf der Brücke als Symbol der Liebe und als Brücke zwischen der Tradition und der Moderne in der Geschichte der Marientradition verstanden würde.